Die Landessprecherin der Grünen, Helga Krismer, forderte im „NÖ heute“-Sommergespräch mit Chefredakteur Benedikt Fuchs mehr Tempo beim Klimaschutz. Unter anderem will sie ein Tempo-Limit von 100 km/h für fossile Verbrenner auf den Autobahnen, das Elektroauto sei alternativlos – mehr dazu in Krismer fordert Tempolimits für Verbrenner (noe.ORF.at; 31.8.2023)
Krismer verweist unter anderem auf Studien des Umweltbundesamtes, die sich der Ökobilanz von Autos – von der Produktion bis zum Betrieb – widmen. Eine von neun Kernmaßnahmen in der Mobilitätswende sind demnach flächendeckende Tempolimits: 30 km/h im Ortsgebiet, 80 km/h auf Landstraßen und 100 km/h auf Autobahnen.
Schadstoffeinsparungen
Studienergebnisse, denen auch der Energieexperte der Universität für Bodenkultur (BOKU), David Wöss, zustimmen kann. Für Österreich habe man berechnet, „dass das eine ungefähre Einsparung von zehn Prozent der CO2-Emissionen im Verkehrssektor bringen würde“, sagt der Forscher im Energiemanagement der BOKU. Auf Österreich umgelegt würde das etwa 2,4 Millionen Tonnen CO2 bedeuten.
Im Gegensatz dazu ist für Bernhard Wiesinger vom Autofahrerclub ÖAMTC die Schadstoffreduktion, die sich durch ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen ergebe, als Einzelmaßnahme kaum messbar. Der Schritt bringe höchstens ein bis drei Prozent des Gesamt-Spritverbrauchs in Österreich.

Wiesinger verweist auf die Niederlande, wo man vor kurzem das Tempolimit 100 km/h auf Autobahnen bei Tag eingeführt habe: „Man hat bis jetzt keine Studie, die nachweist, dass das wirklich was bringt, weil es sich in so kleinen Bereichen bewegt, dass man das eigentlich nicht feststellen kann.“
Skepsis bei unterschiedlichen Tempo-Limits
Kritisch betrachten beide Experten den Vorschlag Krismers, dass Elektroautos schneller fahren dürften. BOKU-Forscher Wöss rechnet vor, dass eine erhöhte Geschwindigkeit überproportional zu einem höheren Energieverbrauch führe – und das gelte für alle Antriebsformen: „Je höher die Geschwindigkeit, desto höher ist der Energieverbrauch.“
Der ÖAMTC sieht wiederum rechtliche Probleme: Zum einen beim Vollzug des Gesetzes, weil ausländische Elektroautos keine grünen Kennzeichen haben und dann möglicherweise gestraft würden, obwohl sie schneller fahren hätten dürfen. Zum anderen ergebe sich eventuell ein verfassungsrechtliches Problem im Sinne der Gleichbehandlung, meint Wiesinger. Denn die meisten Leute, die derzeit noch kein Elektroauto haben, „tun das nicht, weil sie die Umwelt verschmutzen wollen, sondern weil sie sich das schlicht nicht leisten können.“ Ob es da gerechtfertigt sei, sie schlechter zu behandeln, müsse wohl der Verfassungsgerichtshof entscheiden.
Ökobilanz abhängig von Stromherkunft und Nutzung
Darüber hinaus bringt der ÖAMTC-Experte die Stromherkunft ins Spiel und stellt merkt an: „Es kommt immer darauf an, womit fahren sie? Wenn sie mit Kohlestrom in Polen fahren, dann haben sie jetzt schon eine schlechtere Umweltbilanz als gegenüber jedem Diesel- oder Benzinfahrzeug.“
Stichwort Umweltbilanz: Wie sieht die Ökobilanz eines E-Autos also tatsächlich aus? Dabei werden sowohl die vor- und nachgelagerten Emissionen, die etwa bei der Herstellung des Fahrzeugs und des Energieträgers entstehen, als auch die direkten Emissionen aus dem Fahrbetrieb miteinbezogen – und zwar auf den gesamten Lebenszyklus eines Autos.

Das Elektro-Auto startet dabei mit einem CO2-Rucksack, der aus der Batterieherstellung kommt. Derzeit gehe man davon aus, dass die Batterie nach ungefähr acht Jahren ausgebaut beziehungsweise getauscht werden müsse, erklärt Wöss. Wenn man also ein E-Fahrzeug habe und das acht Jahre lang nicht oder kaum bewegt werde, dann sei das ökologisch nicht sinnvoll.
Auf der anderen Seite gebe es Emissionseinsparungen im Betrieb des Elektroautos. „Das bedeutet“, rechnete Wöss im Gespräch mit noe.ORF.at vor, „je mehr man mit einem Elektroauto fährt und damit einen Verbrenner substituiert, der viele Kilometer zurücklegt, desto besser ist der ökologische Fußabdruck.“