22.05.2023,
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Wien (OTS) - Die Anpassung der Portionsgrößen ist laut WHO, der OECD
und dem McKinsey Global Institute die Maßnahme mit dem höchsten
Impact und der besten Kosteneffizienz im Kampf gegen Übergewicht und
Adipositas. „Eine Reduzierung der Portionsgrößen hat positive
Nachhaltigkeits- und Gesundheitseffekte – nämlich weniger Food Waste
und ein geringeres Risiko für Übergewicht und Adipositas – und
leistet so einen Beitrag für die Transformation des
Ernährungssystems. In Public-Health-Strategien sind Portionsgrößen
jedoch noch kein Thema. Hier dominieren Fiskalmaßnahmen, Verbote,
Rezepturänderungen und erweiterte Kennzeichnungsmodelle den Diskurs.
Für einen gesellschaftlichen Wandel braucht es zudem eine umfassende
Ernährungs- und Verbraucherbildung, die die notwendigen Kompetenzen
vermittelt und dafür sorgt, dass wir dem kulturellen Setting und dem
Essen mehr Beachtung schenken“, so Marlies Gruber, Geschäftsführerin
des forum. ernährung heute (f.eh), beim "f.eh im Dialog" zum Thema
"Portion Size Matters: Reden wir über Portionsgrößen" am 16. Mai
2023. Bei der Veranstaltung beleuchteten die Expertinnen und Experten
die Entwicklung von Portionsgrößen, die Vor- und Nachteile des
"Portion Size Effekts", sensorische Einflussfaktoren auf das
Sättigungsgefühl sowie einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln.
Erweiterten Forschungsbedarf sahen die Diskutanten im Bereich der
Gastronomie sowie bei den Portionsgrößen im Kindergarten und der
Schule.
Ist weniger am Teller, wird weniger gegessen und auch weggeworfen.
Doch im Laufe der Jahre sind die Portionsgrößen von verpackten
Lebensmitteln und beim Außer-Haus-Konsum kontinuierlich gestiegen.
Das beeinflusst maßgeblich die Kalorienaufnahme und die hohe
Prävalenz von Übergewicht und Adipositas. Dieses Phänomen beschreibt
der Portionsgrößeneffekt. Er ist einer von mehreren Faktoren bei der
Entstehung von Übergewicht und Adipositas, die negative Folgen für
das Wirtschafts- und Gesundheitssystem bergen, wie Manuel Schätzer
von SIPCAN klarstellt. Denn übergewichtige Personen nehmen öfter
Gesundheitsleistungen in Anspruch, erhalten doppelt so oft Rezepte
für Medikamente und ab einem BMI von 40 – schwerer Adipositas –
weisen sie dreimal so viele Krankenstandstage auf als Erwerbstätige
mit Normalgewicht. Die Folgen von Adipositas schlagen sich mit einem
Minus von 2,5 % im österreichischen BIP nieder. Das könnte sich
weiter verschlechtern, denn die weltweite Prävalenz von Adipositas
hat sich seit 1975 verdreifacht und die OECD schätzt, dass in den
nächsten 30 Jahren im Durchschnitt 8,4 % der nationalen
Gesundheitsbudgets für die Folgen von Übergewicht auszugeben sind.
Aktuell sind 51,1 % der Menschen in Österreich übergewichtig oder
adipös.
Zwtl.: Essen mehr Bedeutung geben
Christoph Klotter von der Hochschule Fulda sieht ein wesentliches
Problem im Delegieren von Verantwortung, wenn etwa Werbung oder
Portionsgrößen für das eigene Essverhalten verantwortlich gemacht
werden. Er appelliert, nicht die Schuld bei der Gastronomie oder
Industrie zu suchen, sondern zu verstehen, warum Menschen große
Portionen wollen. Das liegt an der unbewusst omnipräsenten Angst zu
verhungern und der evolutionären Programmierung, mehr zu essen, wenn
genug verfügbar ist. In der Überflussgesellschaft jedoch sind
adäquate Portionen auf Basis von Ernährungskompetenz (Food Literacy)
und lustvoller Selbstregulation zu schaffen. Klotters Credo lautet
daher: Essen wieder als elementaren Teil des Lebens begreifen und das
Zeitmanagement anpassen, Essen gemeinsam zubereiten und verzehren
sowie den Genuss wieder als Lebenskunst zelebrieren.
Auch Klaus Dürrschmid von der BOKU Wien betont, dass „langsam
essen schneller glücklich macht“, denn die Entstehung des subjektiven
Sattheitsgefühls braucht ca. 15 Minuten. Isst man in dieser Zeit
rasch, überisst man sich eher. Bei langsamem Essen entsteht wiederum
ein angenehmeres Wohlgefühl des Sattseins. Dürrschmid empfiehlt, das
Besteck zwischen den Bissen auf den Teller zu legen, ohne Ablenkung
zu essen, auf das Sättigungsgefühl zu achten, verstärkt Speisen zu
sich zu nehmen, die unterschiedliche Textur und eine höhere
sensorische Komplexität aufweisen, und mindestens 15-mal zu kauen.
Zur Sattheit tragen nicht nur die Essgeschwindigkeit, sondern auch
die hedonische Zufriedenheit und die erwartete Kalorienmenge bei.
Speisen, die viel Volumen haben und energiedicht aussehen (aber es
nicht sind), machen demnach trotzdem satt.
Zwtl.: Was ist eine Portion?
Elisabeth Sperr, wissenschaftliche Mitarbeiterin im f.eh, umreißt
die Frage, wie groß die in den Ernährungsempfehlungen genannten
Portionen sein sollen, vor allem, wenn man den unterschiedlichen
Energiebedarf hinsichtlich Geschlecht, Alter, Körpergewicht und
Aktivitätslevel betrachtet. Während Grammangaben in der Theorie und
mit Waage tauglich sind, kann stets auch die eigene Hand als
Orientierung dienen: So entspricht z. B. eine Hand voll einer Portion
bei großstückigem Obst, die Größe der Handfläche einer Portion Brot
oder Fleisch, der Zeigefinger einer Portion Käse und eine halbe Faust
einer Portion Eis.
Zwtl.: Bildung vermeidet Food Waste
Portions- und Packungsgrößen wirken sich aber nicht nur
gesundheitlich aus, sondern auch auf das Aufkommen von Food Waste,
unterstreicht Gudrun Obersteiner von der BOKU Wien. Sie unterscheidet
vermeidbaren Lebensmittelabfall, der durch zu lange Lagerung oder das
Wegwerfen genießbarer Lebensmittel entsteht, vom unvermeidbaren wie
Schalen von Melonen. Mehr als die Hälfte des vermeidbarem
Lebensmittelabfalls entsteht EU-Schätzungen zufolge im Haushalt, der
Rest teilt sich auf Produktion, Außer-Haus-Konsum, Primärproduktion
und Handel auf. EU-weit fallen dabei pro Jahr 88 Millionen Tonnen im
Wert von rund 143 Milliarden Euro an. Das entspricht 186 Millionen
Tonnen an CO2-Äquivalenten. Obersteiner empfiehlt in der
Gemeinschaftsverpflegung eine Anpassung der Liefereinheiten,
Reduzierung der Portionsgrößen und Menülinien sowie eine
entsprechende Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen. Zudem
verweist sie auf den Nutzen komplexer und kleinteiliger Verpackungen,
die die Lebensdauer von Nahrungsmitteln verlängern und so zu mehr
Nachhaltigkeit beitragen.
Bei der anschließenden Diskussion sprachen sich Johanna Brix
(Österreichische Adipositas Gesellschaft), Elisabeth Buchinger
(Sensorikum), Petra Burger (Coca-Cola Österreich) und Petra Lehner
(AK Wien) für einen Kulturwandel aus. Statt Kinder aufzufordern, den
Teller gänzlich zu leeren, sollte vermehrt das Auf-sich-Hören beim
Satt-Sein vermittelt werden, denn Kinder können die richtige Portion
in der Regel intuitiv selbst wählen. Kritik gab es auch an der
Erwartungshaltung der Konsumentinnen und Konsumenten, weil die
Gastronomie dadurch zu größeren, üppigen Speisen und Buffets
tendiert, was Food Waste und Überessen befeuert. Bei verpackten
Speisen neigen wir wiederum dazu, die Mitte zu wählen und nehmen
statt der M-Packung die L-Packung, wenn auch eine XL-Packung
angeboten wird. Zur richtigen Einordnung der Portionsgrößen auf
Lebensmittelverpackungen sind im Rahmen der LMIV (VO (EU) Nr.
1169/2011) von Seiten der EU-Kommission jedoch noch Vorgaben zu
erlassen. Bis dahin orientieren sich die Hersteller bei der
freiwilligen Nährwertangabe pro Portion an empfohlenen oder üblichen
Verzehrmengen, wie etwa 250 ml bei Getränken.
Bilder von der Veranstaltung stehen auf der [Website des f.eh]
(
https://www.forum-ernaehrung.at/service/downloads/) zum Download zur
Verfügung.
Weitere Infos sind auf der [Website des Events]
(
https://www.forum-ernaehrung.at/events/feh-dialog-portion-size...
rs/) abrufbar.
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